Ein Interview mit der Kollegiatin Lea Maria Radke

Interdisziplinäre Auseinandersetzung mit normative Fragen des Regierens

Romy & Jonathan: Guten Tag, Lea. Du bist seit April 2023 Teil des Graduiertenkollegs. Was war deine Motivation dich für das GRK „Standards des Regierens“ zu bewerben.

Lea: Meine Entscheidung, mich ausgerechnet für das GRK „Standards des Regierens“ zu bewerben, basierte auf mehreren Faktoren. Zunächst natürlich meine Forschungsausrichtung in der Politischen Theorie und darüber hinaus mein großes Interesse am Forschungsfeld Governance. Zudem bietet mir das Graduiertenkolleg die einzigartige Möglichkeit, mich interdisziplinär mit normativen Fragen des Regierens auseinanderzusetzen. Besonders spannend finde ich die Möglichkeit des interaktiven Austauschs mit anderen Disziplinen. Darüber hinaus ermöglicht mir das Kolleg, meine eigene Forschung in einem strukturierten Rahmen zu vertiefen. Die enge Betreuung und die internationale Vernetzung waren weitere Anreize für mich.

„Denn Standards implizieren Regeln, Anforderungen und Erwartungen“

Romy & Jonathan: Der Titel des Graduiertenkollegs ist weit gefasst. Was sind deine ersten Gedanken zu „Standards des Regierens“?

Lea Maria Radke ist 26 Jahre alt und seit April 2023 Kollegiat im DFG-Graduiertenkolleg „Standards des Regierens“. Zuvor absolvierte
sie ihren Bachelor und Master in
Politikwissenschaft an der Leibniz Universität Hannover.

Lea: Standards des Regierens ist für mich ein sehr reizvoller Begriff, da er bisher kaum klar definiert ist. Er lässt Raum, um unterschiedliche normative und analytische Perspektiven auf das Thema Governance zu erforschen. Für mich bedeutet dies, grundlegende Fragen zu untersuchen, wie Regieren überhaupt definiert und bewertet werden kann oder inwiefern verschiedene Akteure durch Standards regieren. Denn Standards implizieren Regeln, Anforderungen und Erwartungen, aber auch Machtverhältnisse.

Romy & Jonathan: Worin liegt dein Forschungsinteresse und in welche thematische Richtung führt deine Promotionsarbeit?

Lea: Mein Forschungsinteresse liegt im Bereich der Digitalen Transformation und den damit einhergehenden Veränderungen und Herausforderungen für die Demokratie, insbesondere durch die Veränderungen der demokratischen Öffentlichkeit und der Privatsphäre. Im Speziellen interessiere ich mich dafür, wie auf diese Herausforderungen reagiert wird und wie die Digitale Transformation mittels Standards reguliert und gestaltet wird. Aktuell stehen vor allem die Bemühungen der Europäischen Union und ihre Digitalstrategie im Fokus meines Projekts.

Romy & Jonathan: Vielen Dank für den Einblick in dein Vorhaben. Inwieweit ist dein Forschungsvorhaben von gesellschaftlicher Relevanz?

Lea: Die Digitalisierung beeinflusst und transformiert nahezu alle Bereiche von Gesellschaft und Politik und betrifft daher alle Bürger:innen. Diese Entwicklungen haben das Potenzial, das Verhältnis von Staat, Demokratie und Gesellschaft nachhaltig negativ zu verändern. Eine Regulierung der Digitalisierung erscheint daher alternativlos. Entscheidend ist jedoch, wie die digitale Transformation reguliert und gestaltet wird.

„Der interdisziplinäre Ansatz des Kollegs eröffnet zudem neue Perspektiven“

Romy & Jonathan: Hat sich dein Promotionsvorhaben verändert oder konkretisiert, seitdem du Teil von „Standards des Regierens“ bist?

Lea: Seit meiner Teilnahme am Graduiertenkolleg hat sich mein Promotionsvorhaben konkretisiert. Der interdisziplinäre Austausch und die Diskussionen mit den Kollegiat:innen haben mir geholfen, neue Perspektiven einzubeziehen, insbesondere welche Rolle Standards in der Gestaltung der digitalen Transformation spielen.

Romy & Jonathan: Eine Promotion in einem Graduiertenkolleg unterscheidet sich von anderen Promotionsformen. Worin bestehen aus deiner Sicht die Vorteile, wenn man in einem Graduiertenkolleg promoviert?

Lea: Besonders hervorzuheben ist die enge Anbindung an ein strukturiertes Programm, das den regelmäßigen Austausch mit anderen Fachdisziplinen fördert. Darüber hinaus bieten die zahlreichen Workshops und Veranstaltungen eine wertvolle Gelegenheit, methodische und theoretische Kenntnisse zu vertiefen. Der interdisziplinäre Ansatz des Kollegs eröffnet zudem neue Perspektiven, die in einer traditionellen Promotion manchmal fehlen können.

„Außerdem ermöglicht mir die Interdisziplinarität, mein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und zu reflektieren“

Romy & Jonathan: Dieses Graduiertenkolleg umfasst Politikwissenschaftler:innen, Soziolog:innen, Philosoph:innen und Rechtswissenschaftler:innen. Inwieweit hilft dir diese Interdisziplinarität und Diversität bei deinem Promotionsvorhaben?

Lea: Andere Fachkulturen eröffnen natürlich neue Perspektiven und Schwerpunkte, die interdisziplinären Arbeitsgruppen der Kollegiat:innen beispielsweise helfen enorm bei der Erarbeitung eines Standardbegriffs, der nicht nur auf das eigene Forschungsgebiet zugeschnitten ist. Außerdem ermöglicht mir die Interdisziplinarität, mein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und zu reflektieren.

Romy & Jonathan: Wie wirkt sich die Kooperation zwischen der Goethe-Universität und der Technischen Universität Darmstadt auf deine Forschung/Promotion aus?

Lea: Für mich persönlich ist es natürlich besonders hilfreich, dass sowohl die Frankfurter als auch die Darmstädter Politische Theorie am GRK beteiligt sind. Zwei Universitäten bieten auch infrastrukturelle Vorteile und ein breiteres Netzwerk von Forschenden.

„Erste Ergebnisse, die aus der Zusammenarbeit im GRK entstanden sind, können in mein Projekt einfließen.“

Romy & Jonathan: Welchen Zugewinn für deine Promotion versprichst du dir von den internationalen Forschungsaufenthalten, die im Rahmen des Graduiertenkollegs angeboten werden?

Lea: Ich denke, dass ein Perspektivwechsel auch immer neue Impulse für die eigene Arbeit bietet. Forschungsaufenthalte ermöglichen auch das Knüpfen neuer und internationaler Kontakte.

Romy & Jonathan: Wie werden deine nächsten Monate rund um deine Forschungsarbeit aussehen?

Lea: Nach gut einem Jahr hat sich das Projekt insoweit konkretisiert, dass nun detailliert an den einzelnen Kapiteln gearbeitet werden kann. Außerdem können erste Ergebnisse, die aus der Zusammenarbeit im GRK entstanden sind, in das Projekt einfließen.

Romy & Jonathan: Herzlichen Dank für deine interessanten Antworten.

Das Interview wurde von Romy Knappe und Jonathan Mück im Oktober 2024 geführt.

Romy Knappe ist Studentische Hilfskraft am DFG-Graduiertenkolleg „Standards des Regierens“ seit August 2023.

Jonathan Mück ist Studentische Hilfskraft am DFG-Graduiertenkolleg „Standards des Regierens“ seit Mai 2023.