Standards des Regierens im Fokus: Erfolgreiche Auftaktkonferenz des Graduiertenkollegs in Darmstadt

Vom 15. bis 16. November fand in Darmstadt die Auftaktkonferenz des Graduiertenkollegs “Standards des Regierens” statt. Unter der Überschrift „Standards of Governance: Resilience, Tensions, and Innovation“ widmeten sich internationale Gäste und die Mitglieder des Graduiertenkollegs den Erscheinungsformen und Implikationen von Standards des Regierens. Die damit verbundenen normativen Fragen wurden ebenfalls diskutiert. Thematisch deckte die Konferenz eine ganze Bandbreite an Standards des Regierens in unterschiedlichen empirischen Feldern ab, bspw. Staatsbürgerschaft und Rechtsstaatlichkeit in der EU bis hin zu Standards des Regierens in globalen Finanzinfrastrukturen.

Die Konferenz begann nach einer Begrüßung der knapp 40 Wissenschaftler*innen durch die Sprecher*innen des Graduiertenkollegs, Jens Steffek und Sandra Seubert, mit dem ersten Panel zu „Standards of Citizenship“. Geleitet von Sandra Seubert (Goethe-Universität) diskutierten Dimitry Kochenov (CEU Budapest & Mercator Fellow des Graduiertenkollegs), Kristin Surak (London School of Economics), Martijn van den Brink (Hertie School), Eva-Maria Schäfferle (Goethe-Universität) und Manuela Boatca (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) die Praxis käuflicher Staatsbürgerschaft und widmeten sich der Frage, inwiefern in diesem Rahmen Standards formuliert und implementiert werden können.

Das zweite Panel unter der Leitung von Nathalie Behnke (TU Darmstadt) stand unter dem Titel „Standardisierung versus Neuerung – Herausforderungen für den resilienten Staat“. Die Teilnehmer Alexander Ebner (Goethe-Universität), Robert Kaiser (Universität Siegen) und Filippo Reale (Goethe-Universität) beleuchteten das Spannungsfeld zwischen Standardisierung und Innovation in der Bürokratie und welche Herausforderungen und Potenziale sich daraus für die Widerstandsfähigkeit des Staates ergeben. Die zeitliche Dimension der Resilienz bildete einen Fokus der Diskussion. Erstens mit Blick auf die Rolle von Standards an unterschiedlichen Zeitpunkten, vom Schock der Krise hin zur Transformation staatlicher Strukturen. Zweitens mit Blick auf die negativen Effekte beschleunigter Innovation als Krisenreaktion, bspw. wenn die Kluft zwischen Zentrum und Peripherie wächst.

Jens Steffek widmete sich der besonderen Forschungsperspektive des Graduiertenkollegs: Der Selbstreflexivität von Governance und deren demokratietheoretischer Bewertung. Das Spannungsfeld zwischen prozeduralen Standards demokratischer Teilhabe einerseits und einer andererseits technokratischen Perspektive auf das vorpolitische öffentliche Interesse wurden dabei herausgestellt.

Den Höhepunkt des ersten Konferenztages bildete die Keynote von Duncan Snidal (University of Oxford) zum Thema „Power and Soft Standards in Global Governance“. Duncan Snidal zeichnete einen historischen Bogen „weicher“ und „harter“ Standards, der bis zur Magna Charta zurückreichte und schließlich die heutige Verlagerung von formalisierten hin zu „informellen“ internationalen Organisationen in den Blick rückte. 

Den zweiten Konferenztag eröffnete das Panel „Democracy, (EU) citizenship and rule of law standards in the EU“ unter der Leitung von Ute Sacksofsky (Goethe-Universität). Dimitry Kochenov (CEU Budapest & Mercator Fellow des Kollegs), Dirk Jörke (TU Darmstadt) und Sandra Seubert (Goethe-Universität) befassten sich mit Fragen der Legitimität und Effektivität von Standards in der EU sowie deren Verhältnis zu rechtsstaatlichen, demokratischen oder staatsbürgerlichen Standards.

Im vierten Panel unter der Leitung von Markus Lederer (TU Darmstadt) diskutierten Aarti Gupta (Wageningen University & Mercator Fellow des Kollegs), Maryam Deloffre (George Washington University & Mercator Fellow des Kollegs) und Julia Drubel (TU Darmstadt) das Spannungsverhältnis zwischen globalen Standards und ihrer lokalen Umsetzung. Dabei wurden unterschiedliche Akteure, nämlich Staaten, Zivilgesellschaft, und Unternehmen in den drei Politikfeldern Klimaschutz, humanitäre Hilfe und Rohstoffextraktivismus in den Blick genommen. Neben Fragen der konzeptionellen Abgrenzung hat das Panel insbesondere die Übersetzung von accountability in „audibility“ kritisch diskutiert, wenn der Fokus ausschließlich auf den Output von Governance gelegt wird.

Das letzte Panel unter der Leitung von Jean-Christophe Graz (Universität Lausanne) beleuchtete Standards in der globalen Finanzinfrastruktur. Carola Westermeier (Justus-Liebig-Universität Gießen) und Andreas Nölke (Goethe-Universität) thematisierten in diesem Zusammenhang die Spannungen zwischen Schwellenländern und westlichen Staaten bei der Aushandlung globaler Finanzinfrastrukturen. Das Panel zeigte u.a. eindrücklich, wie politische Fragen unter technischen Standards verborgen werden können.

Die Konferenz schloss mit einer inhaltlich-konzeptionellen Diskussion, welche die bisherige Forschung des Graduiertenkollegs sowie die einzelnen Promotionsprojekte der Nachwuchswissenschaftler*innen mit den in den Panels behandelten Themen verknüpfte.

Eine Übersicht über das vollständige englischsprachige Programm der Auftaktkonferenz finden Sie hier.